Wissenschaft/Forschung

Was ist Hochschulforschung und warum könnte sie auch für Musikerbildung relevant sein?


Hochschulen sind Organisationen von enormer Komplexität. Die Formalisierung und Professionalisierung der Hochschulen über politische Entscheidungen (wie zum Beispiel die Bologna Reformen) erforderten systematisiertes Wissen über Strukturen, Kulturen, Lehr- Lernprozesse, Studiendesign etc.

Da auch Musikhochschulen unter die Gesetze der Hochschulgesetzgebung der Bundesländer fallen, waren auch sie von entsprechenden Reformen betroffen.

Die praktische Wirksamkeit der Ergebnisse von Hochschulforschung ist dabei für viele Forschende ein besonders wichtiges Thema.


Wozu braucht es eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Musikhochschulen und künstlerischer Musikerbildung und welche Aspekte sind bereits behandelt worden?

In Bezug auf die Musikhochschulen als Gegenstand von Hochschulforschung ist festzustellen, dass erst sehr wenig zu den Besonderheiten dieser speziellen Organisationen bekannt ist.

Es ist bekannt und kaum mehr umstritten, dass sich der Markt in dem sich insbesondere Absolvent:innen künstlerisch instrumentaler Studiengänge bewegen werden, stark verändert hat. Diese Beobachtung war Anlass für eine quantitative Studie im Bereich der Absolvent:innenforschung, um besser zu verstehen wie Alumni ihr Studium, Fähigkeiten, Wissen und Fertigkeiten rückwirkend und subjektiv im Abgleich mit ihrer Erwerbsbiographie beurteilen.

Eine englischsprachige Publikation (Bishop und Tröndle 2018) ist zu diesem Thema unter folgendem Link abzurufen:  http://www.musicandpractice.org/volume-3/tertiary-musical-performance-education/

Anschließend an die Ergebnisse der Absolvent:innenstudie drängte sich zunehmend die Frage auf, welche Gründe es innerhalb der Organisationen Musikhochschulen dafür geben könnte, dass bestimmte Entscheidungen sehr lange Zeit in Anspruch nehmen oder gar nicht getroffen werden.

Ein möglicher Ansatzpunkt für die Suche nach Gründen liegt in der Organisationskultur, also der Art und Weise was an einer Organisation für gut und richtig gilt, wie implizite Hierarchien gelebt werden, die Werte und Geschichten der Organisationsmitglieder gelebt werden. Wie die Organisation ‚tickt’. Exemplarisch wurde eine Fallstudie an einer deutschen Musikhochschule durchgeführt, die über qualitative Interviews mit Senatsmitgliedern versuchte das ‚Ticken’ dieser speziellen Organisation zu beschreiben.

Die Arbeit ist auf Anfrage bei der Autorin erhältlich.

Ein besonders auffälliges Ergebnis der Absolvent:innenstudie war die Diskrepanz aus dem Wissen der Teilnehmer:innen um die Wichtigkeit der Auseinandersetzung mit veränderten Verhältnissen im Feld der klassischen Musik und die gleichzeitige Präferenz von praktischen musikalischen Fächern.

Mit Bologna kam der Übergang zum sogenannten Leistungspunktesystem (auch Creditpoints genannt). Nach einem bestimmten Schlüssel wird ein Zeitraum mit Punkten versehen und unterschiedlichen Fächern oder Modulen im Rahmen eines Studiums zugeordnet. Kurz gesagt: Viele Leistungspunkte bedeuten viel Zeit und damit eine vergleichsweise höhere Relevanz als Fächer oder Module mit weniger Leistungspunkten.

Nun existierte bislang kein Überblick über die Verfasstheit künstlerischer Musikstudiengänge in Bezug auf die verpflichtenden und Wahlfächer, die Schwerpunktsetzung innerhalb der Curricula und insbesondere die Bedeutung, die berufsfeldbezogenen Fächern/Modulen beigemessen werden. Letztere werden insbesondere von den neuen Regelungen des Akkreditierungsrats in aller Deutlichkeit eingefordert.

Die durchgeführte Curriculum-Analyse umfasst alle künstlerisch orchesterinstrumentalen Studiengänge (39 Bachelor und 79 Masterstudiengänge), die an deutschen Musikhochschulen angeboten werden. Die Studie (Bishop 2020) wurde in der Zeitschrift für Kulturmanagement und Kulturpolitik 2020 (1) veröffentlicht.